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Mario Frank: Walter Ulbricht. Eine deutsche Biografie.

Walter Ulbricht Biographie
(mwu) Walter Ulbricht starb am 1. August 1973. Die Weltjugendfestspiele in Berlin liefen gerade, und Nachfolger Erich Honecker - seit 1971 SED-Chef - hielt es nicht f�r n�tig, die Spiele zu unter- oder gar abzubrechen. Ulbricht habe das so gewollt, behauptete man. Bei der Beerdigung am 7. August f�hrte Witwe Lotte die Trauergesellschaft an - links und rechts eingehakt durch das Ehepaar Honecker, an Margots Arm ging auch Ulbrichts Tochter Beate.
Um diese Personen rankt sich Ulbrichts Leben: Um seinen bedingungslosen Gefolgsmann und Kronprinzen Erich, der schon Mitte der 60er Jahre im Hintergrund gegen Ulbricht zu arbeiten begann. Um Margot Honecker, die mit ihrer konservativen Jugendpolitik in die Schusslinie des "Spitzbartes" geriet. Um seine Frau Lotte, die - zun�chst selbst Funktion�rin - seine rechte Hand war.


Und um seine Adoptivtochter Beate, die ein trauriges Schicksal erlitt. Noch 1991 erinnerte sie sich in der "Super" an ihre b�se Mutter und den lieben Vater. Nur drei Monate sp�ter wurde sie tot in ihrer Wohnung aufgefunden, die Umst�nde ihres Todes blieben bis heute im Dunkeln.

Mit diesem Bild - die treue Lotte zwischen den Honeckers, von denen sie sich verraten f�hlte, getrennt von ihrer Tochter - endet Mario Franks Biografie des ersten Generalsekret�rs der SED, des ersten DDR-Chefs.

Mario Frank, 1958 in Rostock geboren, ist Gesch�ftsf�hrer der "S�chsischen Zeitung" und der Dresdner "Morgenpost". Schon lange war eine gute und umfassende Biografie Ulbrichts f�llig, denn das Standardwerk (Carola Stern: Ulbricht, eine politische Biographie) von 1964 ist auch schon etwas betagt. Mario Frank ist kein Historiker, sondern Rechtswissenschaftler, dennoch macht er der Zunft der Historiker mit seiner Biografie alle Ehre. Sie ist pr�zise recherchiert und kennzeichnet deutlich, wo Vermutungen oder Unw�gbarkeiten das Urteil tr�ben. Selbst Akten werden ausgewertet, Quellen sauber mit Fu�noten belegt.

Mario Frank macht aber auch dem Journalismus alle Ehre, denn alle 11 Kapitel sind gut lesbar und oft spannend wie ein Krimi.

Der Autor beginnt die Lebensgeschichte mit einem echten "Knaller", n�mlich dem Aufstand des 17. Juni, bei dem Ulbrichts Herrschaft erstmals bedrohlich ins Wanken geriet. Das ist einerseits von Vorteil, weil es den Leser fesselt und zum Weiterlesen animiert, denn der Protagonist ist schlie�lich kein Sympathietr�ger. Andererseits nimmt es der Geschichte auch ein wenig den Wind aus den Segeln - schade. Vielleicht h�tte hier ein kurzer Ausblick gen�gt, um die Spannung auch zur Mitte des Buches weiter aufrecht zu erhalten.

Ansonsten arbeitet sich Frank angenehm chronologisch vor. Ulbricht ist unsympathisch, er ist ein Funktion�r, Apparatschik und karriereorientierter Intrigant. Im Moskauer Exil wei� er sich zu behaupten, und er scheut sich auch sp�ter nicht, unliebsam gewordene Mitstreiter - wie Erich Honecker - in die Schranken zu verweisen. "Honecker ist noch ein gr�ner, unreifer Kommunist. Er muss noch lernen! Ihm muss man noch etwas beibringen", urteilt Ulbricht noch 1970. Am 30. Juni entl�sst er seinen Kronprinzen aus allen �mtern, nur mit Hilfe Moskaus erzwingt Honecker die Kehrtwende am 7. Juli. Die Behauptung seiner Macht gegen Honecker gelingt ihm, bis sein Einfluss in Moskau schwindet. Und der schwindet rapide, seit Breschnew der Herr im Kreml ist.

Mario Frank versucht gar nicht erst, an Ulbricht sympathische Seiten zu entdecken. Selbst die wenigen, die sich fast ausnahmslos im achten Kapitel ("Der Privatmann") finden, werden kritisch hinterfragt. Aber ebenso wenig wird Ulbricht verteufelt, seine Ideen und Reformversuche - vor allem in Wirtschaftsfragen - ausf�hrlich diskutiert. Ulbricht wird auch nicht l�cherlich gemacht, obwohl das vor allem bei den Ausuferungen des Personenkultes nahegelegen h�tte. Mario Frank gelingt eine kritische W�rdigung des Sachsen, das Urteil �berl�sst er dem Leser.

Lotte Ulbricht lebt �brigens noch immer in ihrer Villa in Berlin, kassiert ihre Rente und weigert sich hartn�ckig, �ber ihr Leben zu sprechen. Dabei k�nnte sie vieles erhellen, was die Biografie als Fragezeichen stehen lassen muss. Ob sie die Biografie gelesen hat? Man wei� es nicht, zuzutrauen w�re es dem r�stigen kommunistischen Urgestein sicherlich.

Sie sollten es aber auf jeden Fall tun.

F�r Mario Franks Werk gibt es 5 von 5 m�glichen Sternen.


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