Auch Anfang 1990 ist noch nicht allen Menschen in der DDR klar, was der Zusammenbruch ihres Staates eigentlich f�r sie bedeutet. Viele, die bisher die neuen Freiheiten noch nicht genossen hatten, nutzen sie jetzt in vollen Z�gen: Verwandte im Westen werden besucht, Westprodukte werden in Massen gekauft, der gesamte deutsche Gebrauchtwagenmarkt spielt sich nur noch in der DDR ab. Es ist das Jahr, in dem sich die B�rger der DDR mit �berw�ltigender Mehrheit daf�r aussprechen, die DDR mit der Bundesrepublik zu vereinigen. Am 3. Oktober 1990 um 0.00 Uhr sind die beiden deutschen Staaten eins.
Januar
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11.01.:
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In einer Regierungserklärung am 11.1. lehnt Ministerpräsident Hans Modrow vor der Volkskammer die Wiedervereinigung ab. |
13.01.:
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Die
erst Ende 1989 gegr�ndete SDP (Sozialdemokratische
Partei) benennt sich in SPD um. |
15.01.:
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Aufgebrachte
Menschenmengen st�rmen die Zentrale des ehemaligen
Ministeriums f�r Staatssicherheit (MfS) in der
Normannenstra�e. |
21.01.:
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Die SED/PDS schließt die Mitglieder Egon Krenz, Heinz Keßler, Günter Schabowski, Kurt Hager und andere aus der Partei aus. |
27.01.:
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Das
"Neue Forum", welches sich kurz zuvor weigerte,
sich in eine Partei zu verwandeln, bekennt sich zur
Einheit Deutschlands. |
29.01.:
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Erich Honecker wird verhaftet, nachdem er aus dem Krankenhaus entlassen wurde, wird jedoch am nächsten Tag wieder freigelassen. |
30.01.:
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Regierungschef Hans Modrow trifft in Moskau mit Michail Gorbatschow zusammen. Die SED/PDS bekennt sich nun auch zur dt. Einheit. |
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Februar
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01.02.
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Das Reisegesetz
tritt offiziell in Kraft. |
04.02.
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Die SED/PDS
trennt sich durch Vorstandsbeschlu� vom alten
Parteinamen und hei�t fortan nur noch PDS (Partei des
Demokratischen Sozialismus). Es wird der Beschlu�
gefa�t, �ber 3 Milliarden Mark an den Staatshaushalt
abzuf�hren. |
05.02.
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Acht von den verschiedenen Oppositionsgruppen aufgestellte Kanditaten werden zu Ministern ohne Geschäftsbereich gewählt, unter ihnen Rainer Eppelmann. |
07.02.
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"Neues
Forum", "Demokratie Jetzt" und
"Initiative f�r Frieden und Menschenrechte"
gr�ndet das "B�ndnis 90" und geht unter
diesem Namen in die Wahlen. |
13.02.
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Ministerpräsident Hans Modrow und Bundeskanzler Helmut Kohl vereinbaren die Einsetzung gemeinsamer Expertenkommissionen, um eine Währungsunion sowie eine Wirtschaftsgemeinschaft vorzubereiten. |
20.02.
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Das
"Versammlungsgesetz" wird von der Volkskammer
im Rahmen des Beschlusses neuer Wahlgesetze
verabschiedet. Es erlaubt allen B�rgern, sich ohne
staatliche Genehmigung zu versammeln. |
24.02.
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Manfred Böhme (IM des MfS) wird zum Parteivorsitzenden der DDR-SPD. Willy Brandt wird zum Ehrenvorsitzenden gewählt. |
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M�rz
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01.03.
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Das Motto der "Allianz f�r
Deutschland" (CDU, DSU, DA) f�r den DDR-Wahlkampf
lautet "Freiheit und Wohlstand - Nie wieder
Sozialismus" |
05.03.
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Hans Modrow (PDS) trifft heute und morgen Michail Gorbatschow in Moskau. Dort wird über einen Beitritt der DDR zur Bundesrepublik beraten, welcher Gorbatschow kritisch gegenübersteht. Jener wünscht sich eine Vereinigung in mehreren Schritten. Die NATO-Mitgliedschaft eines vereinten Deutschland wird von beiden einhellig abgelehnt. |
06.03.
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Heute und morgen tagt die
"alte" Volkskammer zum letzten Mal vor den
Wahlen. Dort wird in einer Verordnung die Bildung einer
"Treuhandgesellschaft" angeordnet, die die
Verwaltung sowie den Schutz des
"Volksverm�gens" zur Aufgabe haben soll. |
18.03.
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Volkskammerwahlen. Die ersten freien,
demokratischen Wahlen in der DDR. Insgesamt 24 Parteien
und politische Gruppierungen treten an. Die
Wahlbeteiligung ist extrem hoch (93,39%). Die
konservative "Allianz f�r Deutschland" erringt
47,8%. |
22.03.
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Der Vorsitzende der
DDR-SPD, Manfred B�hme, wird als ehemaliger IM des
Ministeriums f�r Staatssicherheit (MfS) enttarnt.
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April
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03.04.
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Erich und Margot
Honecker �bersiedeln ins sowjetische Milit�rhospital
Beelitz.
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05.04.
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Die Volkskammer wählt Sabine Bergmann-Pohl von der CDU zu ihrer Präsidentin. Am selben Tag demonstrieren in Ost-Berlin, Leipzig und Dresden ca. 100.000 Menschen gegen den geplanten Umtausch von DDR-Geldern zum "Schwindelkurs" von 2:1. Unterstützt werden sie von den Gewerkschaften, der SPD, der PDS, den Grünen und vom Neuen Forum.
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12.04.
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Die Volkskammer wählt Lothar de Maizière (CDU) zum Ministerpräsidenten. Im Rahmen derselben Sitzung wird von Volkskammerpräsidentin Sabine Bergmann-Pohl eine Erklärung verlesen, durch die die Parlamentarier unter anderem die Juden in aller Welt sowie auch die Tschechoslowakei wegen der Mitwirkung von DDR-Truppen bei der Niederschlagung des "Prager Frühlings" um Verzeihung bitten. |
24.04.
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Helmut Kohl und Lotahr
de Maizi�re vereinbaren die Einf�hrung einer
Wirtschafts-, W�hrungs- und Sozialunion.
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Mai
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02.05.
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Einigung �ber die
Modalit�ten der W�hrungsunion wird erzielt.
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05.05.
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Die "Zwei-Plus-Vier"-Gespräche beginnen in Bonn.
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06.05.
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Kommunalwahlen in der
DDR. Obwohl die CDU im Land Stimmen verliert, bleibt sie
st�rkste Partei.
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09.05.
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Die Vorsitzenden der sechzehn eigenständigen Mitgliedsgewerkschaften des FDGB, welcher sich Ende Januar / Anfang Februar neu konstituiert hatte, fordern dessen Selbstauflösung. Ein Bericht wird vorgelegt, aus welchem unter dem früheren Vorsitzenden Harry Tisch Amtsmißbrauch und Korruption in großem Maße hervorgehen.
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16.05.
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Die Volkskammer streicht
im Rahmen einer Verfassungsreform den Begriff
"Sozialismus" aus Artikel 1. Von B�ndnis 90
und den Gr�nen wird ein Antrag verabschiedet,
aufgrunddessen in der Zukunft alle Volksvertreter auf
eine Mitarbeit f�r das ehemalige MfS �berpr�ft werden
sollen.
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18.05.
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In Bonn wird der
Staatsvertrag zur Wirtschafts-, W�hrungs- und
Sozialunion unterzeichnet. Damit sind DDR und BRD
faktisch ein Staat. Der Staatsvertrag sieht unter anderem
vor, da� ab 01. Juli 1990 auch auf dem Gebiet der DDR
die D-Mark gesetzliches Zahlungsmittel wird. In seiner
Ansprache prophezeiht Helmut Kohl, da� die Einf�rung
der Sozialen Marktwirtschaft "die Chance (biete), ja
die Gew�hr daf�r, da� Mecklenburg-Vorpommern und
Sachsen-Anhalt, da� Brandenburg, Sachsen und Th�ringen
bald wieder bl�hende Landschaften in Deutschland sein
werden, in denen es sich f�r jeden zu leben und zu
arbeiten lohnt." Sp�ter stimmen Gerhard Schr�der
f�r Niedersachsen und Oskar Lafontaine f�r das Saarland
gegen den Staatsvertrag.
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31.05.-04.06.
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US-Präsident George Bush legt im Rahmen eines Besuchs durch Michail Gorbatschow neun Zusicherungen vor, die die sowjetischen Bedenken gegen eine NATO-Mitgliedschaft eines vereinten Deutschland ausräumen sollen.
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Juni
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05.-08.06.
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Im Rahmen seines USA-Besuches fordert
Bundeskanzler Helmut Kohl die "Herstellung der
vollst�ndigen Souver�nit�t eines geeinten
Deutschlands". |
06.06.
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In Ost-Berlin wird die
jahrelang gesuchte RAF-Terroristin Susanne Albrecht
verhaftet. Im Laufe der n�chsten Wochen und Monate
folgen weitere Verhaftungen in der DDR. Es zeigt sich,
da� die DDR-Spitze die Terroristen jahrelang geduldet
und "auf Bereitschaft" zur Destabilisierung der
BRD gehalten hatte.
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07.06.
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Die Volkskammer setzt
einen Parlamentarischen Sonderausschu� ein, der die
inzwischen begonnene und vom Innenministerium
durchgef�hrte Aufl�sung des Ministeriums f�r
Staatssicherheit ("Stasi") bzw. Amt f�r
Nationale Sicherheit ("Nasi) �berwachen soll.
Vorsitzender des Sonderausschusses wird der Rostocker
Pfarrer Joachim Gauck.
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16.06..
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Bundesregierung und
Ministerrat lassen verlautbaren, da� in der DDR
enteignetes Grundverm�gen (mit der Ausnahme der
Enteignungen zwischen 1945 und 1949 in der SBZ) an die
Alteigent�mer zur�ckgegeben werden soll.
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22.06
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"Allied Checkpoint
Charlie" in Berlin wird feierlich geschlossen. Die
Volkskammer schafft heute den 7. Oktober als
DDR-Nationalfeiertag ab.
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Juli
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01.07.
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Der Staatsvertrag �ber
die Wirtschafts-, W�hrungs- und Sozialunion tritt in
Kraft. Die Mark der DDR verliert ihre G�ltigkeit.
DDR-Kleingeld wird von den Banken noch l�ngere Zeit
angenommen und �ber die noch existierende Staatsbank der
DDR gewechselt. Die Umstellung des Geldes findet
ausschlie�lich �ber Konten statt. Alle auf Mark der DDR
lautenden Forderungen und Verbindlichkeiten werden zum
Kurs 1:2 umgestellt. Guthaben werden nach Lebensalter
gestaffelt zwischen 2.000 und 6.000 Mark der DDR 1:1,
h�here Betr�ge 1:2 umgestellt. Insgesamt 25 Milliarden
D-Mark werden an diesem Tag in der DDR an Bargeld zur
Verf�gung gestellt, weit mehr, als die Menschen am
ersten Tag bar ausgeben. Ein Abkommen wird unterzeichnet,
das den sofortigen Wegfall der Personenkontrollen an den
innerdeutschen Grenzen bestimmt.
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14.-16.07.
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Bundeskanzler Helmut Kohl verhandelt mit Michail Gorbatschow über die Einzelheiten der Wiedervereinigung. Nach zahlreichen Zugeständnissen Kohls vor allem finanzieller und militärischer Art gesteht Gorbatschow Deutschland die freie Entscheidung zu, welchem militärischen Bündnis das vereinte Deutschland angehören will.
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16.07.
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In Ost-Berlin
konstituiert sich die Treuhandanstalt.
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22.07.
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Die Volkskammer f�hrt
die 1952 abgeschafften L�nder (Mecklenburg-Vorpommern,
Brandenburg, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Th�ringen)
wieder ein. Diese werden nach der offiziellen Vereinigung
am 03.Oktober die "F�nf Neuen Bundesl�nder".
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August
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12.08.
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Die FDP und die
liberalen Parteien der DDR vereinigen sich in Hannover.
Vorsitzender wird Otto Graf Lambsdorff.
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15.08.
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250.000 Bauern
demonstrieren in Ost-Berlin gegen den "totalen
Zusammenbruch der DDR-Landwirtschaft".
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22.08.
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Die Volkskammer ber�t
�ber den endg�ltigen Beitrittstermin zur BRD. Als
Kompromi�vorschlag erh�lt der 03. Oktober die Mehrheit.
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31.08.
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Im Palais unter den
Linden in Ost-Berlin wird der "Vertrag �ber die
Herstellung der Einheit Deutschlands"
(Einigungsvertrag) unterzeichnet. Die DDR wird als
"Beitrittsgebiet" bezeichnet.
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September
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05.09.
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B�rgerrechtler der DDR
besetzen die ehemalige MfS-Zentrale in Ost-Berlin, um
gegen die zu bef�rchtende Verbringung der Stasi-Akten in
das Bundesarchiv nach Koblenz zu demonstrieren. Im Enwurf
zum Einigungsvertrag war vorgesehen, die Akten unter
Verschlu� zu halten und Betroffenen und Historikern nur
begrenzten Zugang zu den Akten zu gew�hren. Die Proteste
f�hren letztendlich dazu, da� der Verbleib der Akten
auf ehemaligem DDR-Territorium vereinbart und ein
Sonderbeauftragter zu deren Aufarbeitung eingesetzt wird.
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06.09.
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Die Volkskammer
verabschiedet ein Rehabilitierungsgesetz, doch zu dessen
Umsetzung kommt es nicht mehr.
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12.09.
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Ende des letzten
"Zwei-Plus-Vier"-Treffens in Moskau. Der
aufgrund dieser Treffen zustande gekommene Vertrag sieht
unter anderem vor: Deutschland erh�lt volle
Souver�nit�t, verzichtet auf den Besitz von ABC-Waffen,
die Bundeswehr wird auf max. 370.000 Soldaten begrenzt,
die Vier M�chte verzichten auf ihre Rechte in bezug auf
Deutschland.
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27.-28.09.
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Ost- und West-SPD
beschlie�en ihren Zusammenschlu� auf Basis des
Zustandes vor der Zwangsvereinigung zur SED.
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Oktober
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02.10.
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Die Alliierten
Standortkommandanten Berlins erkl�ren am letzten Tag der
Existenz der DDR ihren Auftrag f�r erf�llt. Die
Interalliierte Kommandatur beendet ihre T�tigkeit
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03.10.
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Um 0.00 Uhr ist die DDR
mit der Bundesrepublik Deutschland wiedervereinigt. Die
offizielle Staatszeremonie findet in Berlin vor dem
Reichstag statt.
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