ddr-im-www.de - Home |
|
|
ddr-im-www » Berichte » Der schwarze Kanal
Der schwarze Kanal
(scr) Die Namen Gerhard L�wenthal und Karl-Eduard von Schnitzler sind nicht voneinander zu trennen: Der eine, Antikommunist und scharfer Kritiker des SED-Regimes, der neuerdings sogar im Verdacht stand, auf der Gehaltsliste des BND gestanden zu haben (Quelle 1), moderierte viele Jahre lang das ZDF-Magazin mit dem "Hilferuf von dr�ben", der andere, Antiimperialist und �berzeugter Kommunist, von 1960 bis 1989 die Sendung "Der Schwarze Kanal". Zwei Gegens�tze, wie sie krasser nicht sein konnten. Das ZDF-Magazin war die Antwort des Westens auf Karl-Eduard von Schnitzler.
Am 21. M�rz 1960 strahlte der Deutsche Fernsehfunk (DFF) den Schwarzen Kanal zum ersten Mal aus. Zur Begr��ung der Zuschauer stellte von Schnitzler sogleich klar, worum es k�nftig auf diesem Sendeplatz gehen werde: "Der Schwarze Kanal, den wir meinen, meine lieben Damen und Herren, f�hrt Unflat und Abw�sser; aber statt auf Rieselfelder zu flie�en, wie es eigentlich sein m��te, ergie�t er sich Tag f�r Tag in hunderttausende westdeutsche und westberliner Haushalte. Es ist der Kanal, auf welchem das westdeutsche Fernsehen sein Programm ausstrahlt: Der Schwarze Kanal. Und ihm werden wir uns von heute an jeden Montag zu dieser Stunde widmen, als Kl�ranlage gewisserma�en." (Quelle 2) Damit war sofort klar: Hier geht es darum, dagegenzuhalten, der Bev�lkerung die L�gen des Klassenfeindes aufzuzeigen, richtigzustellen, den rechten Weg zu weisen und vor allem auch der BRD-Bev�lkerung den Spiegel vorzuhalten. Der Sendeplatz war urspr�nglich gut gew�hlt: Montags, nach Aktueller Kamera und dem allseits beliebten UFA-Montagsfilm mit Hans Moser, Theo Lingen oder Marika R�kk, flimmerte das Magazin von 21:30 zwanzig bis drei�ig Minuten �ber die Bildschirme. Damit demonstrierte das Fernsehen der DDR mit seinem Chefkommentator von Schnitzler die dem Schwarzen Kanal beigemessene Bedeutung. Karl-Eduard von Schnitzler, ein begabter Rhetoriker, entwickelte von Anfang an seinen bei�end sarkastischen, immer polemischen Stil, der den Zuschauern, auf gefestigtem Klassenstandpunkt gr�ndend, die Verh�ltnisse im kapitalistischen Westdeutschland aus einer zutiefst pers�nlichen und dennoch allzeit linientreuen Sicht entgegenschleuderte. Nicht ohne Wirkung. Dabei sollte man wissen, dass die Zuschauer der ARD und des ZDF wahrscheinlich sogar zahlreicher waren als die im eigenen Land. Wer L�wenthals ZDF-Magazin sah - und somit in der ersten Reihe an der deutsch-deutschen Propagandafront sa�-, konnte eigentlich gar nicht anders, als am Montag Abend - als geistigen Ausgleich sozusagen - den Deutschen Fernsehfunk, Kanal 1, einzuschalten, um Sudel-Ede (O-Ton Wolf Biermann) zuzusehen und die von ihm und anderen kommentierten Kurzbeitr�ge �ber die gar grauenvollen Zust�nde in der BRD zu verfolgen. Der Sendeablauf war immer �hnlich: Zuerst stimmte von Schnitzler, in Personalunion verantwortlicher Redaktuer sowie Kommentator, nach dem Vorspann die Zuschauer mit allgemeinen Kommentaren, aber auch gezielten Beurteilungen der Ereignisse der vergangenen Woche, auf die jeweilige Sendung ein. Dann folgten mehrere Filmbeitr�ge, die in der Regel Ausschnitte aus ARD- und ZDF-Sendungen (wie z.B. des Internationalen Fr�hschoppen, des Auslandsjournals oder Kennzeichen D) enthielten und meist aus dem Off kommentiert wurden. Auch westdeutsche Presseerzeugnisse mu�ten f�r die Propaganda herhalten. Dabei folgte die Sendung einem bestimmten Schema: Die Filmbeitr�ge, oft verk�rzt oder neu geschnitten, wurden nicht selten in ihren Aussagen ver�ndert oder ganz aus dem jeweiligen Zusammenhang gel�st. Vom Konzept her sollte also der Schwarze Kanal die Verlogenheit der westdeutschen Medien am Beispiel des Fernsehens (bis Mitte der 80er Jahre nur die �ffentlich-rechtlichen Programme der ARD und des ZDF) und der Printmedien entlarven und mit eigenen Mitteln schlagen. Zun�chst war die w�chtentlich ausgestrahlte Sendung eine Art Megaphon, das den Menschen westlich der Mauer den Spiegel vorhalten und der Bev�lkerung der BRD zeigen sollte, um wieviel schlechter es ihr im Vergleich zu ihren Nachbarn in der DDR ging und da� das Ende des Kapitalismus nahe sei. Doch schon bald wurde die Sendung von der SED planm��ig auch zur ideologischen Erziehung der eigenen Bev�lkerung instrumentalisiert, was mit dem Kurs der Abgrenzung gegen�ber der Bundesrepublik mit Beginn der Honecker-�ra einherging. Seiner Weltsicht und auch seiner T�tigkeit als Speerspitze des Kalten Krieges auf Medienebene blieb von Schnitzler w�hrend der insgesamt 1.519 Folgen treu. Als es im Jahre 1989 in der DDR immer mehr zu politisch motivierten Demonstrationen kam, waren der Schwarze Kanal und von Schnitzler selbst Objekte der Erregung: Vielerorts wurde die Einstellung der Sendung gefordert - als Zeichen einer ver�nderten Zeit: "Schnitzler in den Tagebau - Schnitzler in die Muppet-Schau!". Dieser unverhohlenen Aufforderung kam von Schnitzler schlie�lich am 30. Oktober 1989, knapp zwei Wochen vor dem Mauerfall, nach. Auch wenn er - ganz ungewohnt - darin zugab, auch die DDR sei in ihrem Aufbau nicht von Irrt�mern und Fehlern frei, stellte er fest: Der Klassenkampf bleibt uns erhalten! Doch auch an ihm war die "Wende", die sich Krenz noch kurz vor dem Untergang der DDR ans Revers geheftet hatte, nicht spurlos vorbeigegangen, und nichts d�rfe, so von Schnitzler, diese neue Politik der Wende auf dem Weg zu einem noch besseren Sozialismus beeintr�chtigen. Nach weniger als f�nf Minuten Sendung, der k�rzesten in der fast drei�igj�hrigen Geschichte dieses Propagandamagazins, verabschiedete sich Karl-Eduard von Schnitzler zum letzen Male von seinen "Zuschauerinnen und Zuschauern" sowie seinen "lieben Genossinnen und Genossen". Der fette Bundesadler, der sich im Vorspann auf die Fernsehantennen der DDR gesetzt hatte, verschwand damit ebenso wie der ganze Staat DDR. Er ist heute Mitglied der DKP, "liest Zeitung" und "tut es sich an", fernzusehen. Gorbatschow sei der "Oberverr�ter", der die internationale Solidarit�t im sozialistischen Lager preisgegeben habe , und der Fall Fechter sei "eine einzige L�ge".(Quelle 4) Heute st�hnt von Schnitzler, wenn er Besuch bekommt, aber stellt fest: "Nur der R�cken! Das R�ckgrat ist intakt". Das Deutsche Rundfunkarchiv, Standort Berlin, ist der Lagerort s�mtlicher Sendemanuskripte und Aufzeichnungen des DDR-Politmagazins "Der Schwarze Kanal". Auf der Website ist die Zug�nglichmachung des Materials als ein 1998 initiiertes Projekt vorgestellt. Aus gut informierten Kreisen h�ren wir, da� das Projekt demn�chst abgeschlossen sein wird. Das derzeit aktuellste Buch, das sich mit Karl-Eduard von Schnitzler - und damit nat�rlich mit seinem Widerpart L�wenthal - auseinandersetzt, hei�t "Gegenspieler. Gerhard L�wenthal - Karl-Eduard von Schnitzler" Quelle 1: Undercover. Wie der BND die deutschen Medien steuert von Erich Schmidt-Eenboom, TB, 495 S., Droemer, M�nchen (1999) Quelle 2: http://www.medienobservationen.uni-muenchen.de/Schnitzler.html Quelle 3: http://mailer.uni-marburg.de/~naeser/ss98-01.htm Quelle 4:http://mailer.uni-marburg.de/~naeser/schnitz2.htm ![]() KommentareKeine Kommentare vorhanden.
|
![]() Buchempfehlung Werbung Feed abonnieren: Aktuelle Kommentare
Seitenstatistik Zur Statisktik |
|||||
Copyright 1998-2008 Die DDR im WWW - ddr-im-www.de - Relaunch 25.04.2008 - Besucher seit Relaunch: ![]() |